25. Februar 2016

Mein Tod ist dein - Debbie Howells

Produktinfos:

Ausgabe: 2015 im Goldmann-Verlag
Seiten: 374
Amazon
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Die Autorin:

Debbie Howells arbeitete in diversen Berufen, ehe sie bei Amazon Selfpublishing drei Romane veröffentlichte. Für ihren ersten Thriller "Dein Tod ist mein" fand sie schließlich eine Agentur und einen Verlag, weitere Thriller sind in Planung.

Inhalt:

In einer idyllischen englischen Kleinstadt verschwindet die achtzehnjährige Rosie Anderson. Die Gärtnerin Kate ist in doppelter Hinsicht betroffen: Zum einen ging Rosie bis vor Kurzem mit ihrer Tochter Grace zur Schule, sodass Kate auch deren Mutter kennt, zum anderen hat Rosie Kate regelmäßig in ihrem Reitstall besucht und mit ihr Gespräche geführt.

Kurze Zeit später wird Rosies Leiche im Wald gefunden, das Mädchen wurde erstochen. Das Dorf ist entsetzt, und niemand kann sich vorstellen, wer ein Motiv gehabt haben könnte, die stille, liebenswerte Rosie zu töten. Bald gehen Gerüchte um, viele Einwohner vermuten, dass ein Fremder die Tat begangen hat.

Kate bemüht sich, Rosies verzweifelte Mutter Jo zu trösten. Dabei merkt sie, dass sie Jo trotz regelmäßiger Begegnungen bisher kaum kannte und erhält einige bestürzende Einblicke in das nach außen so perfekt scheinende Familienleben der Andersons. Kate will sich nicht voreilig der Meinung anschließen, dass ein Fremder das Mädchen ermordet hat. Bei ihren behutsamen Nachforschungen, was in Rosies Leben vor deren Tod geschah, kommt sie dem Täter immer näher ...

Bewertung:

Nach der Lektüre von "Mein Tod ist dein" liegt der Eindruck nah, dass die Autorin Debbie Howells schon ein alter Hase im Thrillermetier ist. Tatsächlich handelt es sich hierbei aber um ihren ersten Thriller, dem drei bei Amazon Selfpublishing veröffentlichte Liebesromane vorausgingen - und nicht nur für einen Debütthriller ist das Werk ausgesprochen überzeugend.

Der größte Teil der Handlung wird aus Kates Ich-Perspektive erzählt, zwischendurch gibt es aber immer mal wieder kurze Kapitel, in denen die bereits verstorbene Rosie ihre Gedanken preisgibt, sowie ein paar Stellen, an denen Rosies Schwester Delphine zu Wort kommt. Durch Rosies eigene Worte erhält der Leser einen umfassenden Einblick von ihr und ihr unglückliches Leben. Nach außen hin erscheinen die Andersons als perfekte Bilderbuchfamilie: Vater Neal ist ein erfolgreicher Journalist, der bewegende Reportagen aus Afghanistan liefert und sich sozial engagiert; Mutter Joanna ist eine attraktive Vorzeigeehefrau, und die beiden Töchter sind wohlgeratene, hübsche und intelligente Mädchen, auf die man augenscheinlich nur stolz sein kann. Niemand ahnt, dass sich hinter dieser schneeweißen Fassade grauenhafte Dinge abspielen und wie sehr Rosanna und ihre jüngere Schwester Delphine leiden. Rosies pointierte Worte treffen den Leser mitten ins Herz, ohne plakativ auf die Tränendrüse zu drücken. Subtil und eindringlich zugleich schildert sie Eindrücke aus ihrem Leben, das von klein auf durch Unterdrückung und emotionale Kälte geprägt war.

Spannung ergibt sich aus der Frage, wer sie getötet hat und was das Motiv dahinter war, da es sich offenbar nicht um einen Sexualmord handelt. Für die Ermittler steht zunächst ihr Freund Alex unter Verdacht, aber Kate wird diesbezüglich unsicher, als sie die familiären Verhältnisse durchschaut. Grundsätzlich handelt es sich um einen Who-dunit, bei dem am Ende der Täter entlarvt wird, aber auch die konkreten Hintergründe und der Tatablauf werden erst zum Schluss offenbart. Man kann bereits kurz vor der Enthüllung auf den Täter kommen, aber es ist dennoch nicht zu offensichtlich.

Neben der toten Rosie steht Kate im Mittelpunkt, eine pragmatische Frau, die ihr Leben am liebsten in Gärten oder bei Pferden verbringt. Der Mord an Rosie lässt sie um ihre achtzehnjährige Tochter Grace bangen, die ausgerechnet jetzt von zuhause auszieht, um ihr Studium zu beginnen. Auch dass Ehemann Angus beruflich für ein paar Monate nach London ziehen muss, ist eine Belastung für Kate. Dennoch werden diese Probleme angenehmerweise nicht zu ausufernd behandelt. Sie fließend nur ergänzend ein in Kates Lebensumstände, die sich zunehmend um Jo drehen. Anders als auf der Buchrückseite proklamiert, sind Kate und Jo keine Nachbarn, sondern wohnen an den entgegengesetzten Enden der Stadt und kennen sich nur durch gelegentliche Treffen zum Mittagessen. Dennoch glaubt Kate, Jo recht gut zu kennen, was sie aber nach und nach immer mehr revidieren muss. Es ist schwer für Kate, ihr bisheriges Bild von den Andersons mit ihren neuen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, zumal sie nicht weiß, wie weit den Äußerungen der sehr labilen Jo zu trauen ist.

Da der Fokus auf diesen emotionalen Hintergründen und Verwicklungen liegt und Kate als Ich-Erzählerin fungiert, gibt es kaum Einblicke in die Ermittlungsarbeit, man darf also nicht erwarten, dass die Ermittler hier eine besondere Rolle spielen oder man etwa Vernehmungssituationen geschildert bekommt. Etwas störend fällt auf, dass Kate sehr lange ihre naive Sicht bezüglich den Andersons beibehält. Es ist nicht ganz nachvollziehbar, dass sie auch nach Jos ersten Enthüllungen immer noch bestimmte Sachen für undenkbar hält, etwa dass Jo unter einer Essstörung leidet (davon abgesehen, dass Kate bei der Anspielung auf Jos Erbrechen nach dem Essen seltsamerweise nicht an Bulimie, sondern an Magersucht denkt).

Fazit:


Ein fesselnder und bewegender psychologischer Thriller mit hohem Unterhaltungsfaktor und nur sehr geringen Schwächen.

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